Ich brau‘ dann mal Bier…

Seit Anfang 2018 hat sich ein neues Hobby in mein Leben eingeschlichen. Als ob ich genügend Zeit dafür hätte! Aber warum nicht eigenes Bier brauen? Craftsbier boomt, das Selbermachen sowieso, und im Gegensatz zu Wein ist der Herstellungsprozess durchaus überschau- und machbar.
Das inzwischen ordentlich gewachsene Brauequipment erbringt ca. 10-15 Liter Süffiges pro Vorgang.  Mehr geht nicht, denn das Vergnügen wird nicht zuletzt durch die bescheidenen Lagermöglichkeiten begrenzt. Auch unser alter Gasherd kommt bei mehr Litern deutlich über seine Kapazitätsgrenzen. Aber das ist vielleicht ganz gut so. 😉

Das Experimentieren mit Malz, Hopfen und Hefe ist superspannend, hoch biochemisch, und das Ergebnis immer wieder überraschend. Alle Zutaten kann man in diversen Braushops kaufen. Der Händler meines Vertrauens heisst Brau- und Rauchshop in Densbüren (AG), bei dem ich Anfang Februar 2019 auch mal einen Braukurs absolvieren und dem Meister meine vielen Fragen stellen konnte. Denn mit jedem Sud und jedem fertigen Bier tauchen neue auf.

Aber wie geht nun Brauen? Wichtig ist es erstmal, sich mit den Zutaten und dem Brauprozess zu beschäftigen. Bier besteht aus Malz, Wasser, Hopfen und Hefe. Jedenfalls nach dem Reinheitsgebot, an dass ich mich primär halte, aber auch nur, weil mir mögliche weitere Ingredienzen wie Obst, Gemüse oder exotische Gewürze etc. nicht wirklich geheuer sind. Es gibt allerdings interessante Ausnahme wie z.B. die Gose (mit Salz) oder das belgische Wit-Bier (mit Koriander und Pomeranzenschalen).

Hier eine superkurze Einführung zu den Basis-Zutaten:

Malz
Das Malz kommt von einer Mälzerei (z.B. Weyermann in Bamberg, D). Eine Mälzerei wandelt das Getreidekorn (überwiegend Gerste, aber auch andere Getreidesorten) durch Weichen, Keimen und Darren in braufähiges Malz um (Details s. Wikipedia – Mälzung). Es gibt zig verschiedene Malzsorten, die je nach Bierrezept variiert und komponiert werden: Pilsner Malz, Münchner Malz, Pale Ale Malz, Weizenmalz, Karamellmalze, Röstmalze etc..

Wasser
Wasser nimmt man im allgemeinen aus dem Wasserhahn. Wasser ist aber nicht gleich Wasser, zumindest nicht fürs Brauen. Ideales Brauwasser ist nicht zu hart (bzw. hat nicht zuviel Kalk) und selbstverständlich keine weiteren Inhalte wie Chloride, Nitrate etc. Ist das Wasser zu hart, kann/muss es durch verschiedene Methoden entsprechend passend gemacht werden, was eine Wissenschaft für sich ist. Unser Züri-Wasser, tief unten aus dem See, ist zum Brauen glücklicherweise ziemlich perfekt.

Hopfen
Die hoch hinauswachsende Kletterpflanze gehört zu den Hanfgewächsen (aha!) und bringt in der Variante „Humulus lupulus“ durch seine mit dem Bitterstoff Lupulin gefüllten Hopfenblüten entweder sanften oder – wie bei Hopfenbomben sehr gewünschten – kräftigen Geschmack ins Bier. Kurz: Bier ohne Hopfen ist seit einigen hundert Jahren in der Regel kein Bier. Im Mittelalter war das noch anders, war warf man alle möglichen Kräuter und Zutaten hinein, bis das Reinheitsgebot das zumindest in Deutschland auf Hopfen beschränkte. Zum Reinheitsgebot selbst gäbe es natürlich noch allerlei mehr zu sagen, aber dazu empfehle ich dem geneigten Leser andere einschlägige Seiten, z.B. https://de.wikipedia.org/wiki/Reinheitsgebot

Man unterscheidet grob Bitterhopfen und Aromahopfen, und die Anzahl der Züchtungen ist inzwischen unüberschaubar. Grosse und kleine Brauer nutzen heutzutage praktischerweise Hopfenpellets. Sehr ambitionierte Hersteller mit viel Lagerfläche wagen sich auch an Frischhopfen zum Brauen.

Die Hopfenpflanze ist ein äusserst heikles Gewächs, hat besondere Klimaansprüche, und gedeiht auf unserer Erde optimal nur zwischen dem 35. und 40. Breitengrad.  Sie will sehr hoch wachsen (mindestens 7 Meter!),  braucht es feucht – aber nicht zu feucht, warm – aber auch nicht zu warm, und ist leider anfällig für zahlreiche Krankheiten und Schädlinge, wie z.B. Mehltau, Blattläuse und vieles mehr. Daher haben wir den Traum vom Hopfen im eigenen Schrebergarten getrost aufgegeben, überlassen das den Profis, und kaufen wunderbar duftende Pellets beim Händler unseres Vertrauens.

Hefe
Damit Zucker zu Alkohol vergärt benötigt es Hefe. In diesem Fall Bierhefe, lat. Saccharomyces cerevisiae. Nicht dass jemand auf die Idee kommt, im Supermarkt einen Würfel Backhefe zu kaufen. Auch bei der Hefe gibt es eine unglaubliche Vielfalt verschiedener Hefestämme, die für unterschiedliche Aromen und Charakteristika im Bier sorgen. Der Brauer hat die Wahl, Trockenhefen oder Flüssighefen zu erwerben. Spezialisierte Firmen wie z.B. „Wyeast„, „Fermentis„oder  „Mangrove Jack“ bieten solche  an, auch für Kleinstbrauer. Es ist auch möglich, Hefen aus Lieblingsbieren heraus zu kultivieren, was allerdings ein etwas anspruchsvollerer Prozess ist.

Vier Zutaten in mannigfaltigen Varietäten ergeben unendlich viele Möglichkeiten, spannende und feine Biere herzustellen. Rezepte gibt es dann z.B. in der Datenbank „MaischeMalzundmehr„, und nach und nach kann man dann auch kreativer werden. Mal eine andere Hefe, eine andere Malzvariation oder anderer Hopfen. Mal wird besser, und mal zahlt man halt etwas Lehrgeld.

Der Brauprozess

Schroten des Malzes
Das Malzkorn muss vor dem Brauen geschrotet werden. Nicht mit einer Getreidemühle, sondern mit einer Malzmühle. Denn die Spelzen (Hüllen) des Gerstenkorns sollen noch in möglichst intakter Form erhalten bleiben. Sie sind sehr wichtig für den späteren Prozess des Läuterns.
Im Braushop kann man bereits geschrotetes Malz kaufen, aber dies ist nur begrenzt lagerfähig. Also schrote ich mit meiner eigenen Malzmühle „Mattmill klassik“ selbst. Will heissen, der Akkuschrauber tut die meiste Arbeit, und bei meiner Kleinmenge (ca.4-5 kg Malz) geht das dann recht flott vonstatten.

Einmaischen & Rasten
Das geschrotete Malz wird im heissen Wasser eingerührt. Die Wassermenge richtet sich dabei nach dem Braurezept, Malz und die Anzahl Liter Wasser müssen ein bestimmtes Verhältnis haben. Die Einmaischtemperatur ist je nach Rezept unterschiedlich und liegt grob zwischen 50°C  und 70°C. Nach Zugabe des Malzes sinkt die Temperatur leicht, und dann beginnt die „Rast“.

Die Rast ist die Zeit, in der man die Maische zu bestimmter Zeit in einer bestimmten Temperatur hält, damit der enzymatische Brauprozess in Fahrt kommt.  Grob unterscheidet man drei Rasten:
– Eiweißrast bei etwa 50°-59°C
– Maltoserast bei etwa 60°-68°C (ideal 63°C)
– Verzuckerungsrast bei etwa 72°-73°C

Eine Rast dauert zwischen 15 Min. (Eiweissrast) bis zu 60 Min. (Maltoserast). Der gesamte Vorgang dient nur einem Ziel: Die im Getreide vorhandene Stärke zu Zucker umzubauen, damit dieser dann wiederum in Alkohol umgewandelt werden kann.
Ist dies nach einer Gesamtrast von ca. 60 bis max 90 Min. vollständig geschehen (man prüft das Ergebnis sicherheitshalber mit einer Jodprobe), wird „abgemaischt“: Die Maische wird auf 78°C erhitzt, so dass der enzymatische Vorgang gestoppt wird. Alles wird dann in den Läuterbottich verfrachtet.

Läutern
Im Läuterbottich der mit einem Filter und Ablasshahn versehen ist, ruht die Masse ca. 30 Min. und das Malz hat Zeit, sich zu setzen. Bereits vorab hat man einen weiteren Topf Wasser aufgesetzt und auf 78°C erwärmt.

Man öffnet den Hahn und lässt nach und nach erst einmal einige Liter sehr trüber Würze abfliessen, um Trübstoffe auszuschwemmen. Die Flüssigkeit giest man durch einen Schaumlöffel vorsichtig wieder in den Bottich zurück (damit der Treber nicht wieder aufgewirbelt wird). Die Maische mit den Gerstenspelzen (der „Treber“) wirkt wie ein natürlicher Filter. Bleibt zum Schluss alles klar, so kann man alles in den Braukessel abfliessen lassen. Und was war mit dem 78°C warmen Wasser? Mit diesem sogenannten Nachguss spült man den Treber nach und nach durch, bevor er dann endgültig trocken läuft. Das, was sich dann im Braukessel befindet, ist die Würze, und die wird nun gekocht.

Würzekochen
Das kräftige Kochen der Würze, des süssen Malzsuds, dient zum Austreiben unerwünschter Stoffe (berühmt-berüchtigt ist Dimethylsulfid) sowie zum Hopfenkochen. Das ganze dauert gut 60-70 Min. Nach Rezeptvorschrift werden die Hopfengaben zwischen Kochbeginn, während des Kochens oder/und nach Kochendene hinzugegeben.

Nach der Kochzeit lässt man die Würze erstmal zur Ruhe kommen und erzeugt mit dem Maischepaddel einen sogenannten Whirlpool. Dort hinein kommt die letzte Hopfengabe, die besonders viel Aroma erzeugt. Zudem dient der Whirlpool dazu, dass sich alle festen Stoffe zu einem sogenannten Trubkegel in der Mitte des Bodens absetzen – sehr praktisch für später.

Ab jetzt heisst es: Sehr, sehr sauber und sorgfältig arbeiten. Alles, was ab jetzt mit der Würze in Berührung kommt, wird desinfiziert, z.B. auch die Kühlspirale, mit der man die Flüssigkeit nun auf ca. 25°C herunterkühlt. Denn sonst droht die Gefahr einer Infektion der Würze. Wäre schlimm, denn dann gibts kein Bier.

Danach wird alles angsam ins Gärfässchen abgelassen. der weisse Monofilament-Filter fängt die mitfliessenden Trubstoffe auf.

„Anstellen“
Während des Kochens hat man Zeit, die benötigte Menge Trockenhefe (bei mir ca. 8,5 Gramm) abzuwiegen und zu „rehydrieren“. Sie wird in gekochtem und abgekühltem Wasser (max. 30°C) wieder an Flüssiges gewöhnt. Zum Schluss gibt man auch nach und nach noch Würze hinzu, so dass die Hefe etwas zum Vorknabbern hat, bevor sie ins Gärfässchen kommt. Vorteil: Die Gärung kommt dann rascher in Schwung.
Davor misst man den Zuckergehalt der Würze noch mit einer Spindel oder einem Refraktometer, um den späteren Vergärungsgrad zu kennen. Sehr grob lässt sich damit auch der ungefähre Alkoholgrad ermitteln.

Gärung
Nach ca. 12h kommt die Gärung bei Zimmertemperatur in Gang, und das Blubbern des Stopfens lässt auch das Herz immer höher schlagen. Aktive Gärung = Umwandlung des Würzezuckers in Alkohol = hoffentlich feines Bier.
Licht und zuviel Luft schaden dem entstehenden, werdenden Bier. Gegen Ersteres bekommt das Gärfass deshalb ein Mäntelchen.

Umschlauchen & Abfüllen

Ist nach einigen Tagen die Hauptgärung durch (den Verlauf misst man regelmässig mit der Spindel), wird das Ganze umgeschlaucht. Will heissen, man befreit das Jungbier von den Stoffen (Trub und Hefeablagerungen), die sich am Boden abgesetzt haben, und lässt die Flüssigkeit in einem zweiten Gärfass nochmals einige Tage ruhen. Es erübrigt sich der Hinweis, dass auch hier peinlich sauber gearbeitet werden muss.

Nun wäre auch ein guter Zeitpunkt für die sogenannte „Kalthopfung“, d.h. eine nochmalige Hopfengabe für krachendes Hopfenaroma, z.B. amerikanische Pale Ales oder India Pale Ales. Für meine Zwecke genügt das übliche Vorgehen.

Nach ein paar weiteren Tagen kann das Jungbier endlich in Flaschen abgefüllt werden. In die Flaschen kommt noch etwas Zucker, um durch dessen Vergärung die für die Bierspritzigkeit notwendige Kohlensäure zu erzeugen.

Und dann darf das Ganze nochmals 2 Wochen bei Zimmertemperatur ruhen, bevor die Flaschen dann in den Kühlschrank wandern. Es empfielt sich, das neue Bier noch mindestens vier weiter Wochen reifen zu lassen, bevors zur Degu geht. Denn das Aroma entwickelt sich in den weiteren Wochen noch erstaunlich. Manche Kreationen brauchen ein paar Wochen mehr Zeit, bis sie richtig gut sind. Es lohnt also, alle zwei Wochen den Verlauf der Entwicklung zu probieren. Und wenn das Bier dann richtig fein ist, halten die 20-24 Flaschen nicht lange. Dann ist der nächste Sud gefragt!

Literaturempfehlungen:

Brücklmeier, Jan: Bier brauen : Grundlagen, Rohstoffe, Brauprozess. Stuttgart: Ulmer, 2018. 492 S. : Ill., graph. Darst.

Brücklmeier, Jan: Bier verstehen : Sorten, Verkostung, Rezepte. Stuttgart: Ulmer, 2021. 402 S. : Ill., graph. Darst.

Laudage, Ferdinand: Craft Bier einfach selber brauen : Stuttgart: Ulmer, 2017. 402 S. : Ill., graph. Darst.

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